Welche Sprache sprichst du?

Der Sulzer, Ausgabe 266, Juni 2012, Seite 21 + 22

Liebe Leserinnen und Leser in und um Sulzbach,
viele Grüße aus Ihrer Partnerkommune Bassila in Benin, Westafrika. Jeder, der zum ersten Mal mit der Delegation aus Sulzbach hier zu Besuch kommt, ist erstaunt über die Sprachenvielfalt im Kreis Bassila.

Bei öffentlichen Veranstaltungen werden die Reden meist in mehrere Sprachen übersetzt, z.B. ins Anii, Nagot und Kotokoli. Nicht jeder spricht Französisch, obwohl das die Amtssprache ist. Viele Erwachsene sind nie zur Schule gegangen, brauchen kein Französisch im Alltag und verstehen es kaum. Andere sprechen ein wenig Französisch für den Alltag, können aber bei komplizierteren Themen nicht mehr folgen. Andere wiederum sprechen es relativ gut und können es auch lesen und schreiben. Jedes Schulkind lernt spätestens ab der 1. Klasse Französisch, da es auch die Unterrichtssprache ist.

Das Lokalradio sendet sogar in neun Sprachen, nämlich in acht lokalen Sprachen und in Französisch. Nacheinander, alles auf einer Frequenz. Jeder weiß, wann die Nachrichten oder Informationssendungen in seiner eigenen Sprache kommen und kann gezielt einschalten.

In ganz Benin werden insgesamt 54 Sprachen gesprochen, die seit 1972 alle als Nationalsprachen anerkannt sind. Das sind echte Sprachen und keine Dialekte. Innerhalb vieler dieser Sprachen gibt es dann noch unterschiedliche Dialekte. Das Anii z.B. hat 5 große Dialekte. Diese Sprachenvielfalt wird auch als ein kultureller Reichtum dieser Region empfunden und die Regierung begrüßt die Verwendung und Entwicklung aller dieser Sprachen.

Sprachenkarte von Benin
Sprachenkarte von Benin

Zu Hause spricht man die eigene Sprache, in gemischten Ehen oft beide. Viele Kinder lernen erst in der Schule Französisch. Auf dem Markt oder auf Reisen hört man viele Sprachen. Dort dient eine größere Sprache oft als Handelssprache. Bei uns ist es das Kotokoli.

Wenn sich zwei Fremde begegnen, ist zuerst nicht klar, in welcher Sprache man sich verständigen kann. Oft kann man an der Kleidung oder an den dekorativen Narben im Gesicht die Volksgruppe erkennen. Jeder grüßt in seiner Sprache, und dann lotet man aus, welche Sprache beide können. Gelegentlich findet man auch keine gemeinsame Sprache. Dann schaut man, ob jemand in der Nähe ist, der übersetzen kann. Oder man behilft sich mit Händen und Füßen und einigen weitverbreiteten Wörtern, die in vielen Sprachen vorkommen. Wenn man auf dem Markt den Preis nicht versteht, zieht die Verkäuferin das passende Geld für den Kaufpreis aus der Tasche und zeigt es vor.

Für Amtsbesuche oder offizielle Anlässe bringen viele sich einen geeigneten Übersetzer mit, z.B. ein Kind, einen Jugendlichen oder einen Nachbarn. Jeder, der mehrere Sprachen spricht, ist es gewohnt, auch regelmäßig als Übersetzer auszuhelfen.

Im Kreis Bassila gibt es vier alteingesessene Sprachgruppen und vier zugewanderte. Viele Beamte kommen aus dem Süden und sprechen Fon. Die Nomaden des Volkes der Fulbe haben ebenfalls ihre eigene Sprache. Und die Landwirte, die Lokpa oder Ditammari sprechen, sind ursprünglich aus dem Norden zugewandert, weil das Land in und um Bassila sehr viel fruchtbarer ist als dort, wo sie herkommen. Sie haben ihre eigenen Siedlungen gegründet. In vielen Dörfern ist die Bevölkerung sehr homogen und spricht hauptsächlich eine Sprache. In der Stadt Bassila dagegen wohnen alle Volksgruppen gemischt und man hört dementsprechend viele Sprachen.

Und wie viele Sprachen sprechen Sie?

Ɩ lee ʊshile ʊfɔlɩ ! So sagt man auf Anii : Bis zum nächsten Mal!

Viele Grüße,
Stefanie Zaske

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